Zahlung des Miet- oder Pachtzinses aufgrund „COVID-19“?
Einleitung
Wir haben derzeit unzählige Anfragen von Unternehmern, die sich nicht sicher sind, ob sie den Miet- bzw. Pachtzins für das von ihnen angemietete oder gepachtete Geschäftslokal zu bezahlen haben oder nicht. Besonders dramatisch ist die Situation derzeit für Gastronomiebetriebe.
Geregelt ist dies in den §§ 1104 f. ABGB unter der Überschrift „Fälle und Bedingungen einer Erlassung des Zinses“.
Es handelt sich bei den §§ 1104 und 1105 ABGB um nachgiebiges Recht, weshalb abweichende Vereinbarungen getroffen werden können. § 1106 ABGB enthält eine Auslegungsregel dazu. § 1107 ABGB wiederum enthält die sogenannte Sphärentheorie (Wer trägt das Risiko?).
Den Anspruch auf Zinserlass hat der Mieter grundsätzlich auch dann, wenn die Bestandsache selbst gar nicht berührt wird, aber objektiv ein Benutzungshindernis vorliegt. Dies ergibt sich schon alleine aufgrund des Umstandes, dass im Gesetzestext ausdrücklich auch Seuchen aufgezählt sind, die die Bestandsache selbst gar nicht betreffen können (vgl. GlU 11162). Ein Zinserlass kann nur aufgrund solcher Ereignisse verlangt werden, die in gleicher Weise, wie für den gegenwärtigen auch für einen anderen Mieter das Mietobjekt unbrauchbar gemacht hätten (GlUNF 7543), wobei eine absolute Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 1104 ABGB ist, sondern der vereinbarte Gebrauch nicht mehr möglich ist.
Interessant ist auch folgender Umstand: In einem ursprünglich eingebrachten Antrag (399/A) war zu Artikel 5 folgendes zu lesen: Die Novelle hat klarstellenden Charakter, die Auswirkungen von der COVID-19-Pandemie und die rigorosen behördlichen Maßnahmen, verunmöglichen den MieterInnen von Betriebsräumlichkeiten, so deren Betretung untersagt oder nicht möglich ist, den Gebrauch des Mietobjekts, weshalb kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten ist. Infolge des klarstellenden Charakters erübrigt sich eine rückwirkende Inkraftsetzung der Novelle. Dies wurde in weiterer Folge jedoch wieder gestrichen.
Gem. § 1106 ABGB (ebenfalls auf Mietverhältnisse anwendbar – auch wenn im letzten Satz von „Pachtstück“ die Rede ist) muss geprüft werden, wie eine diesbezügliche Klausel im Mietvertrag formuliert ist. Wurden etwa sämtliche Risiken pauschal auf den Mieter übertragen, ohne diese zu konkretisieren, so fallen darunter nur Feuer-, Wasserschäden und Wetterschläge, (wobei darunter wiederum nur Hagelschläge zu verstehen sind). Der Fall der Seuche ginge daher nicht zu Lasten des Mieters und könnte somit der Zinserlass (oder die Minderung) geltend gemacht werden.
Beachtlich ist auch folgender Umstand: Sollte der Mieter die Haftung auch für sämtliche weiteren außerordentlichen Unglücksfälle (wozu eine Seuche jedenfalls zu zählen sein wird) vertraglich übernommen haben, stellt sich die Frage, ob dafür auch eine Gegenleistung oder ein besonderer Vorteil gewährt wurde. Beispielsweise ist eine solche Klausel dann meines Erachtens unbedenklich, wenn ein besonders niedriger Mietzins vereinbart wurde oder zusätzliche Lagerfläche oder Garagenplätze zur Verfügung gestellt werden, ohne dafür ein Entgelt zu verlangen. Auch dann, wenn der Mieter sämtliche übernommenen Risiken versichern kann (unabhängig davon, ob er dies auch tatsächlich getan hat oder nicht), ist eine solche Klausel unbedenklich. Ist allerdings beides nicht der Fall, kann die Klausel unter Umständen sittenwidrig sein.
Der OGH führte dazu 1918 bereits folgendes aus: „Die Kriegsklausel verstößt an sich nicht gegen die guten Sitten. Ob sie dem wahren Willen der Vertragsparteien entspreche, ist im Einzelfall festzustellen. Ist für die Gefahrübernahme dem Pächterentgelt geleistet worden, so ist der beiderseitige Vertragswille kaum zweifelhaft. Wohl aber ergeben sich im entgegengesetzten Falle leicht schwere Zweifel und kann dann auch eine den guten Sitten widersprechende Ausbeutung der Haftungserklärung des Pächters vorliegen.“
Auf der anderen Seite ist auch zu berücksichtigen, dass gem. § 1107 ABGB nach der dort normierten Spährentheorie der Mieter das Risiko einer Erkrankung trägt. Fraglich ist, ob der Vermieter diesen Einwand aufgrund der aktuellen Lage überhaupt erheben kann. Während nämlich die §§ 1104 und 1105 ABGB die Folgen objektiver Unbrauchbarkeit regeln, enthält § 1107 ABGB die Folge subjektiver (nämlich sich aus der Sphäre des Mieters ergebende) Unbrauchbarkeit. ME kann sich der Mieter auch dann auf die objektive Unbrauchbarkeit (zB die Schließung eines Gastronomielokals aufgrund der Verordnung betreffend vorläufiger Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19 auf Grund des § 1 Covid-19 Maßnahmengesetzes) berufen, wenn zusätzlich auch in seiner Person gelegene weitere Gründe (zB Infektion mit Covid-19) vorliegen.
Auf Seiten des Vermieters wiederum könnte hier wohl eingewendet werden, dass bei Erkrankung des Mieters das Geschäftslokal ohnehin geschlossen gehabt hätte und es daher nicht von Bedeutung ist, ob eine objektive Unbrauchbarkeit vorliegt oder nicht.
Etwas anders ist die Sache bei Pachtverträgen gelagert. Der Anspruch des Pächters darauf, den Pachtzins erlassen zu bekommen wird von zwei Voraussetzungen abhängig gemacht. Erstens ist der „Unglücksfall“ dem Verpächter unverzüglich anzuzeigen und zweitens dieser Umstand durch das Gericht oder zwei sachkundige Männer zu erheben. Die zweite Voraussetzung fällt allerdings dann weg, wenn die Begebenheit (das schädigende Ereignis) nach dem Gesetzeswortlaut „landkundig“ (daher allgemein bekannt) ist. Es wird wohl unstrittig sein, dass der „Unglücksfall“, nämlich die Covid-19-Krise als schädigendes Ereignis, allgemein bekannt ist. Grundsätzlich wäre ansonsten diesbezüglich entweder sofort die Klage oder aber ein Antrag auf Beweissicherung gemäß den Vorschriften der §§ 384 ff. ZPO zu erheben. Der Anspruch geht jedenfalls unter, wenn dieser nicht unverzüglich dem Verpächter angezeigt wird. Die Regelung ist nach dem klaren Gesetzeswortlaut ausschließlich auf Pachtverhältnisse anzuwenden. Ob ein solches vorliegt ergibt sich aus dem Vertrag. Allenfalls kann aber sogar dann ein Pachtverhältnis vorliegen, wenn der Vertrag selbst als Mietvertrag bezeichnet wird.
Es ist daher jeweils im Einzelfall zu prüfen, inwiefern ein Anspruch darauf besteht, den Miet- oder Pachtzins zu mindern oder gar nicht mehr bezahlen zu müssen. Eine Garantie wird Ihnen derzeit niemand geben können. Wir bieten Ihnen allerdings für eine Pauschale in Höhe von € 180,00 (inkl. 20% USt.) an, Ihren Vermieter aufzufordern, von der Zahlung der Miete bzw. der Pacht für die Dauer der Maßnahmen abzusehen. Dazu füllen Sie bitte den Fragebogen aus.